hor.de | Gedichtsammlung | Maria Luise Weissmann
Pierre Louys
Halbdunkel
Wir haben uns unter die Decke aus dünner Wolle geschmiegt, sie und ich. Sogar die Köpfe steckten wir darunter, und die Lampe machte den Stoff über uns durchscheinend.
So sah ich ihren geliebten Körper in einem geheimnisvollen Dämmerlicht. Wir waren einander näher, wir waren freier, vertrauter, nackter. "Im selben Hemd," sagte sie mir.
Wir hatten unsre Haare aufgesteckt gelassen, um uns entblößter nah zu sein, und in der abgesperrten Luft des Bettes stiegen aus zwei natürlichen Räucherpfännchen Gerüche zweier Frauen auf.
Nichts auf der Welt, und nicht einmal die Lampe sah uns in dieser Nacht. Welche von uns geliebt wurde, sie allein oder ich, wir könnten es sagen. Aber die Menschen werden nichts davon erfahren.