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Notizen 2022

 

30.06.2022

Das Selbstfahrende Auto, das mich zum Selbstwohnenden Haus bringt, fährt gar nicht selbst. Manche Funktionen, sagt der Fahrer, seien in Deutschland noch nicht zugelassen, die Firma arbeite daran. Das Haus bewohnt tatsächlich sich selbst, es empfängt Besucher, behält sie aber nicht über Nacht. Und außer Besuchern auch Wartungstechniker. Hauptattraktion ist die Selbstkochende Küche, die Warenlieferungen entgegennehmen und Abfälle direkt dem Kompost im Garten zuführen kann. Das Haus ist erstaunlich stumm, es redet wenig, man ruft ihm nichts zu, es weiß schon. Es sendet Daten an die Haus-App und empfängt Aufträge; das Smartphone sagt, wann gekocht werden soll. Ein echter Mensch hält einen Vortrag über die Vorzüge des Selbstwohnenden Hauses und betont, dass es unverkäuflich sei. Es sei eine Art Hotel, auch für kurze Zeit zu haben. Die Technik wird kaum erklärt, eher das Geschäftsmodell, das eine Win-Win-Situation bringe für Kunden, Unternehmen und Haus. Für Romantiker seien auch Häuser geplant, die vom Bauhausstil abweichen. Der Mensch lächelt und ergänzt die sozialen Konsequenzen des neuen Wohnens: dauerhafte Arbeitsplätze rund ums Haus. Draußen reinigt gerade einer die Linsen der Kameras. Die Fenster öffnen sich nicht. Und ich frage mich, ob sich Smart People (Gäste der Smart Cities) und Analoge Extremisten (Menschen ohne Handy) je begegnen werden?

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