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Hegemann Roadkill 1 - 9
Ist Axolotl Roadkill preiswürdig? Diese debile Frage bleibt, wenn man die Debatte zusammenfasst. Ich hab auch nur eine:
Wo kann ich Axolotl Roadkill herunterladen?
Kann ich nicht? Tja, Pech von wegen Sharing Kultur. Ein Zitat. Ein anderes: Quellen müssen genannt werden. (Müssen sie nicht.) Rund 300 Blogpostings und Artikel des Feuilletons zum Casus Hegemann zerhackt, die kurzen Sätze gestohlen; was mein Computer dafür hält. Sind kurze Sätze klarer? Nein. Aber wer liest noch lange, wer ganze Artikel? Hier die Sätze, eine Auswahl, nach Silbenzahl und alphabetisch sortiert. Wozu? Spielmaterial. Das kann ich später löschen.
Dann könnten wir doch auch so einen Text schreiben. ?
1
Hier.
Ich!
Jetzt!
Kurz.
Nein.
Stern.
Stimmt.
Trick.
Wow!
2
Aha.
Applaus.
Clever.
Dennoch.
Die erst.
Ein Trost.
Fakt ist.
Faustus.
Geklaut.
Genau.
Gott ist.
Hallo.
Mehr nicht?
Mehr noch.
Na und?
Niemand.
Noch mal.
Nun ja.
Oder?
Preisen.
Sehr jung.
Sie sagt.
Sie schreibt.
Sofort.
Super!
Themen.
Und dann?
Vielleicht.
Wägen.
Warum?
Werbung.
Wir, ich.
Wirklich?
Wozu?
Zack, zack!
3
Abstimmen.
Allerdings.
Alles klar.
Auf gut Deutsch.
Aufgedeckt.
Bang macht es.
Das Problem.
Dein Gedicht.
Der Verlag.
Die das merkt.
Die Käufer.
Einfach Schrott.
Erschienen.
Grandios!
Großartig!
Hegemann.
Hier bin ich.
Ja sicher.
Ja, genau.
Ja, gewiss.
Ja, nur so.
Kein Zweifel.
Lies doch mal.
Man denkt mich.
Montage.
Nur deshalb.
Schwamm drüber.
Screenshot, Blog: www.
So beginnt's.
So oder so.
Stichwort Web.
Umfrage.
Und dennoch.
Und heute.
Und jetzt das!
Unglaublich.
Warum auch?
Was denn nun?
Was soll das?
Wie bitte?
Wie gesagt.
Zweifelsfrei.
4
Aber lest selbst.
Aber wieso?
Alles ist da.
Alles richtig.
Bemerkenswert.
Dann ist es schlimm.
Das also doch.
Das Feuilleton.
Das ist peinlich.
Das macht man nicht.
Das weiß man doch.
Der Fluch ist echt.
Der Mann hat Recht.
Die Autorin.
Die Sprache ist scharf.
Du oder ich.
Ein anderer.
Ein neues Wort.
Eine Frechheit.
Einheitstonfall.
Entscheidend ist.
Fall Hegemann.
Ganz und gar nicht.
Große Klasse.
Hegemann schreibt.
Ich bitte dich.
Ich weiß es nicht.
Im Gegenteil.
Irgendwie doch.
Ist das von dir?
Ja, das heißt es.
Ja, den meine ich.
Kein Zweifel auch.
Mach ja kein Schmarrn.
Man fragt sich auch.
Nicht wahr, Maxim?
Nur konsequent.
Oder anders.
Ohne Zweifel.
Sie ist zu jung.
So sieht es aus.
Und Buch bleibt Buch.
Und das geht nicht.
Und das ist falsch.
Und noch einmal.
Und so weiter.
Von Hegemann.
Vor Jahren nicht.
Was ist das wert?
Was war passiert?
Wie geht es denn?
Woher kommt das?
Zeit, dass sie wird.
Ziemlich albern.
5
Ach ja, und noch eins.
Alles fliegt dahin.
Alles nur geklaut.
Alles wird geklaut.
Also dummes Zeug.
Auch das bedeutet.
Da war er Sechzehn.
Dann hat sie Klartext.
Das echte Leben.
Das gelingt nicht schlecht.
Das ist nur Tarnung.
Der Autor ist tot.
Die Frau steht für sich.
Ein paar Passagen.
Ein Thema für sich.
Einigung in Sicht.
Ergebnis verfälscht.
Es gibt kein Alter.
Für meine Mutter.
Geklaut, aber gut.
Geniales Buch.
Helene Hegemann.
Hilfe aus dem Netz.
Ich bin in Berlin.
Ich habe montiert.
Ich spiele damit.
Ich staune nur noch.
Immer perfekter.
Kein Happy End, nirgends.
Man muss dann sagen.
Natürlich im Netz.
Nur noch neun Tage.
Sein Buch Plagiat.
Seltsames Gedicht.
So geht es doch nicht.
So schlimm ist es nicht.
So weit das Klischee.
Stellt sich die Frage.
Und was da drin steht.
Voll affirmativ.
Von so 'nem Blogger.
Warum man es tut.
Was du immer denkst.
Was ist geschehen?
Was sagt das alles?
Wenn es es denn ist.
Wer kann das wissen.
Wie finden sie das?
Wie meinst du es denn?
Wir fanden das toll.
Wo das herauskam.
6
Aber der Fluch ist echt.
Abschreiben geht gar nicht.
Alle sind sich einig.
Allein es gibt kein Werk.
Axolotl Roadkill.
Da ist die Aufregung groß.
Das Buch ist wirklich gut.
Das ist sie wahrlich nicht.
Das ist wirklich peinlich.
Das nervt und sitzt zugleich.
Das wäre zu einfach.
Dazu wäre ich zu stolz.
Der eigene Beitrag.
Der Fall hat drei Seiten.
Der Preis dafür wäre...
Der Text steht für sich selbst.
Der Wahnsinn im Herzen.
Deshalb ein Plagiat.
Du übertreibst es doch.
Ganz nach der Devise.
Geniales Mädchen.
Glückloses agieren.
Hörst du überhaupt zu?
Ich finde das grottig.
Ihr Buch ist ja nicht schlecht.
Ihr Lieblingswort bleibt Ich.
Implizite Botschaft.
Jeder Satz ein Treffer.
Jetzt kennen ihn viele.
Jetzt wendet sich das Blatt.
Kaputt und abgeklärt.
Kreatives Sampling.
Mehr als die Aussage.
Mir scheint, da fehlt noch was.
Mit anderen Worten.
Mögen muss man das nicht.
Plagiat war gestern.
Remix hin oder her.
Seht mal, wie böse ich bin.
Sie fühlte sich besser.
Sie ist ein Wunderkind.
Skandal im Sperrbezirk.
So ist es auch gedacht.
So schwarz wie sein Umschlag.
Spätestens jetzt weiß man.
Straßenschilder, Wolken.
Sympathisch ist anders.
Teuer, aber lohnend.
Tragweite unterschätzt.
Überhaupt das Subjekt.
Und Echtheit Hegemann.
Und es funktioniert.
Und irgendwann heißt es.
Vorläufig gerettet.
Weil es müßig wäre.
Wer klaut, löst gar nichts aus.
Zu ihrem Vater schon.
Zum Casus Hegemann.
7
Aber hat sie selbst geklaut.
Aber jetzt kommt der Skandal.
Abgegebene Stimmen.
Auch die Presse ist begeistert.
Da bin ich rausgewachsen.
Dabei ist es genau das.
Damit aber nicht genug.
Das Bild ist natürlich schief.
Das Buch ist phänomenal.
Das eigene und das fremde.
Das ist peinlich, das ist klar.
Das ist völlig in Ordnung.
Das passt schlicht nicht zusammen.
Dem Kulturbetrieb sei Dank.
Denn so einfach ist das nicht.
Der Bodensatz der Boheme.
Der Gerechtigkeit nämlich.
Der Glaube an das Leben.
Der Vater, das Superhirn.
Die Federn des anderen.
Die Pädagogen sagen.
Doch die Hegemann bleibt cool.
Egal, zurück zum Thema.
Es bleiben viele Fragen.
Es ist alles schon gesagt.
Es ist also nicht von dir.
Es ist schwer zu begreifen.
Es lebe die Moderne.
Es sind doch nur Passagen.
Es sollte ein Roman sein.
Es verdirbt den Charakter.
Es war wie in der Schule.
Februar ist es soweit.
Ganz abgesehen davon.
Ich dachte, ich klaue von dir.
Ich, als aufgeklärter Mensch.
Ist das nicht bemerkenswert?
Jeder Schöpfer braucht Quellen.
Jetzt haben wir den Salat.
Jetzt ist das kein Problem mehr.
Klingt piefig, ist aber so.
Man kann nicht einfach klauen.
Mit Fehlstunden oder so.
Naiv und unrechtmäßig.
Natürlich denken wir das.
Neu ist, dass es nicht neu ist.
Nicht wörtlich, doch beinahe.
Nicht zuletzt, weil man es kann.
Oder gibt es das gar nicht?
Sie fragt sofort hinterher.
Sie könnte auch verkünden.
Sie sagt, dass sie sterben wird.
Sie schreibt ihm das um Uhr als SMS.
So auch im Fall Hegemann.
So halb öffentlich ist geil.
Solche Sätze sagt sie oft.
Soviel zur Ausgangslage.
Stürzen sie alle zu Recht.
Und das als Schriftstellerin.
Und das in ihr Buch gesetzt.
Und das ist das Dilemma.
Und irgendwann als Fazit.
Und manchmal ohne Mutter.
Und so weiter und so fort.
Was alles brauchte es dazu?
Was kann ich daraus lernen?
Was zweierlei deutlich macht.
Weil da gar kein Leben ist.
Wie konnte es dazu kommen?
Wir sind in der Zwickmühle.
Woraus sollte er sonst schöpfen?
Zumindest im Feuilleton.
8
Aber darf man nicht montieren?
Aber das Mädchen ist Siebzehn.
Aber es steckt mehr dahinter.
Aber warum half ihr keiner?
Alle klauen voneinander.
Auch so eine Vatertochter.
Auf seiner Internetseite www.
Axolotl Roadkill ist Schrott.
Bei Arien kann man lesen.
Blogger entlarvt Fräuleinwunder!
Da stört nur ein kleines Detail.
Dann findest du Klauen nicht schlimm.
Dann kam Axolotl Roadkill.
Darüber müssen wir sprechen.
Das ist das Prinzip Helene.
Das ist jetzt ein Erlebnispark.
Das ist jetzt leider nun mal so.
Das macht in der Tat nachdenklich.
Das meiste nur aus zweiter Hand.
Das muss das wahre Leben sein.
Das offenbart vor allem eins.
Das wäre die naive Frage.
Denn sie wusste nicht, was sie tat.
Der Fall ist also zunächst klar.
Der Künstler ist ein schwacher Mensch.
Diebstahl geistigen Eigentums.
Du meinst Helene Hegemann?
Eher das Gegenteil trifft zu.
Eigentlich uninteressant.
Ein Generationskonflikt.
Eine Existenz klassischen Typs.
Entscheidend ist, was herausströmt.
Erfolg weckt Begehrlichkeiten.
Erstaunliche Parallelen.
Es ist der Knaller der Saison.
Es sind die späten Fünfziger.
Genau das wird jetzt bestritten.
Hegemann gibt sich nun zerknirscht.
Hegemann schaut ins Publikum.
Hegemann sollte sich schämen.
Helene bestellt ein Wasser.
Ich zu sein, kein anderer mehr.
Ihr Alter ist ständig Thema.
Jetzt gibt die Tochter die Antwort.
Kein Risiko mehr eingehen.
Mehr als die Welt im Grunde braucht.
Original oder geklaut?
Quellen müssen genannt werden.
Recherche ist eure Sache nicht.
Rutschpartie für das Wunderkind.
Samples sind geistiger Diebstahl.
Sie erzählt eine Geschichte.
Sie selbst nehme keine Drogen.
Sie üben die Deutungsmacht aus.
Soll das Beispiel Schule machen.
Und dann halt immer die Frage.
Und ich bin ja auch noch dabei.
Vermeintlich peinlicher Makel.
Verwunderung allenthalben.
Wenn man nur nicht so breit wäre.
Wie stellt ein Schriftsteller die Schrift?
Zu alldem könnte man sagen:
9
Aber ausrutschen ist doch lustig.
Aber der Weg ist voller Zweifel.
Aber ich habe es gelassen.
Aber sie darf ihn nicht betreten.
Aber sie produzierte den Film.
Aber so war es gar nicht gemeint.
Als Rassist wird man nicht geboren.
Also es würde ihr etwas fehlen.
Autorin Helene Hegemann.
Bestsellerautorin Hegemann.
Böse, kaltherzig, egoistisch.
Buchcover: Axolotl Roadkill.
Da gibt es nichts daran zu rütteln.
Da ist kein Licht mehr in deinen Augen.
Darin liegt der Mut dieses Buches.
Das soll nun nachträglich geschehen.
Das, was ich gern geworden wäre.
Das Wunderkind hat abgeschrieben.
Denn ein jeder dieser Sätze schreit.
Der Leser darf es sich aussuchen.
Die Ekstase des Ichverlusts.
Die Frage entscheidet die Kasse.
Doch wie konnte es so weit kommen?
Ein Beleg führt zu Carl Hegemann.
Ein neues Jugendurheberrecht.
Ein Stück weit Kommunikation.
Er brauchte das als Material.
Es ist ein künstlerisches Prinzip.
Fräulein Wunder hat abgeschrieben.
Ganze Passagen abgeschrieben.
Hat nicht schon John Heartfield montiert?
Hegemann scheint die Falsche zu sein.
Hinterher ist man immer klüger.
Ich selbst empfinde es nicht als geklaut.
Ihr Verhältnis ist ambivalent.
In die nächste Metapher kippen.
Ja, du kannst einfach alles tragen.
Jeder kann so einen Text schreiben.
Mal sehen, wer sich alles meldet.
Man darf sich nicht erwischen lassen.
Mit Zitaten von Benn bis Burroughs.
Nein, sagen plötzlich die Feuilletons.
Nicht verstanden, wo das Problem liegt.
Noch eine Frage an die Runde.
Puppenstube oder Technoclub?
Sie ertrinkt geradezu im Wahn.
Sie hat noch nie normal gelebt.
So entstehen Szenen wie diese.
Texte wie Bausteine behandelt.
Tja, Pech von wegen Sharing Kultur.
Umgekehrt spielt sie das Unschuldslamm.
Und dann ist sie es doch manchmal nicht.
Und die Leute klauen Sinn bei mir.
Und ist ein Manifest geworden.
Und zwar für Axolotl Roadkill.
Untermieter im eigenen Kopf.
Vorbei ist der Kindergeburtstag.
Was erwarten wir von Autoren?
Wenn überhaupt geht es um Credits.
Wird sie je wieder ernst genommen?
Wunderkind oder Meisterdiebin?
Zumindest aber nach Textmarker.
Axolotl Roadkill. Ullstein GmbH, Berlin. 208 S., € 14,95.
Hegemann lebte fast in der Kantine der Volksbühne.
Dann könnten wir doch auch so einen Text schreiben.
Ich bin hier nicht für Klatsch und das Verbreiten von Verlags-PR zuständig, sondern für große, unvergessliche Literatur.
Maxim Biller, FAZ 24.01.2010.
Ich nicht. Also: Der Vorwurf...
...ist Kitsch.