Erich Kästner: Monolog mit verteilten Rollen

 

Geht dein Fenster auch zum Hof hinaus?
So ein Hof ist eine trübe Welt.
Wo du hinsiehst, steht ein andres Haus.
Und der Blick ist wie ein Wild umstellt.

Und wie traurig wird das erst zur Nacht!
Alle schlafen schon. Nur du schläfst nicht.
Und der Hof umgibt dich wie ein Schacht.
Und drei Sterne sind das ganze Licht.

Dann geschieht es wohl, dass du erschrickst,
wenn du, gegenüber, an der Wand,
einen Schatten, der dir winkt, erblickst.
Und du weichst zurück vor seiner Hand.

Doch wenn du zurückgewichen bist,
siehst du, dass auch er ins Dunkle trat.
Bis du merkst, dass es dein Schatten ist,
und du winktest selbst, wenn er es tat!

Und nun lächelst du. Und nickst ihm zu.
Beide Arme streckst du nach ihm aus.
Und er macht es ganz genau wie du.
Und sein Kopf ist größer als dein Haus.

Einmal bist du hier und einmal dort.
Und dir ist, als wärst du nicht allein.
Und du wagst dich nicht vom Fenster fort.
Denn dann würdst du wieder einsam sein.

Und du freust dich an dem Schattenspiel.
Und du wirst dem anderen fast gut.
Aber endlich wird's dir doch zu viel,
da er immer nur, was du tust, tut.

Keiner sah das nächtliche Duett,
nur im Hofe der verdorrte Strauch...
Und du gähnst betrübt. Und gehst ins Bett.
Und der andre drüben auch.

 


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