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Wilhelm Waiblinger

Freyheitslied

Wie glänzt auf dem Berge die goldene Wolke
So heiter und lauter dem heiteren Volke!
Da wallen und schweben
Und küssen und weben
Die wankenden Bilder im wechselnden Tanz
Um silberne Stirnen mit rosigem Kranz!

Auf jähem Gebirge, durch grünende Matten,
An Strömen und Quellen, im kühlenden Schatten,
Zu Meer und zu Lande,
Am blumigen Strande,
Da schreitet der Grieche, so kräftig und kühn!
Es schwillt ihm der Busen im wachsenden Glühn!

Noch fühlt in den Tiefen, auf wolkigen Wegen,
Den schwellenden Geist er der Mutter sich regen,
Noch fühlt er in Liebe,
Mit sehnendem Triebe,
Mit heil'gem Verlangen, auf jeglicher Spur,
Geliebt sich an wärmender Brust der Natur.

Wo hoch um die dämmernden, ragenden Höhen
Des Adlers geschwungene Fittige wehen,
Um Kronen und Wipfel,
Auf felsigem Gipfel;
Der Wind durch die Eichen, die riesigen, saust,
Da wild der Malnotte, der kräftige, braust.

Wo mild auf das heitere Menschengewimmel
Und jugendlich quillet der lautere Himmel:
Die Ferne, geläutert
Und duftig erweitert,
Verschwimmt in des Meeres zerfließendem Blau,
Da geht der Korinther auf lächelnder Au!

Und unserem Auge, dem reinen, entfalten
Sich reicher, als allen, die ew'gen Gestalten,
In heiliger Stille,
In rauschender Fülle!
Wir sind's, die Geliebten! vom Ew'gen erfüllt!
Des Höchsten und Größten lebendigstes Bild!

D'rum sind wir auch frey wie die Schwalb in der Wolke
Wir sammeln uns wieder zum herrschenden Volke!
Wir schlagen den Türken
Und schaffen und wirken,
Uns fühlend, und drängen uns wieder hinan!
Und reih'n an die heiligen Väter uns an!