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Walther von der Vogelweide

Ein meister las

Ein meister las,   troum unde spiegelglas,
daz si zem winde   bî der stæte sîn gezalt.
Loup unde gras,   daz ie mîn vreude was,
swiez nû erwinde,   ez dunket mich alsô gestalt;
Dar zuo die bluomen manicvalt,
diu heide rôt, der grüene walt,
der vogele sanc ein trûric ende hât;
dar zuo der linde   süeze unde linde.
Sô wê dir, Werlt, wie dirz gebende stât !

Ein tumber wân   den ich zer werlte hân,
derst wandelbære,   wande er bœsez ende gît:
ich solte in lân,   kunde ich mich wol verstân,
daz er iht bære   mîner sêle grôzen nît.
mîn armez leben in sorgen lît:
der buoze wære michel zît.
nû vürhte ich siecher man den grimmen tôt,
daz er mit swære   mir geswære.
vor vorhten bleichent mir diu wangen rôt.

Wie sol ein man   der niwan sünden kann,
genâden dingen   oder gewinnen hôhen muot ?
sit ich gewan   den muot daz ich began
zer werlte dingen   merken übel unde guot,
dô greif ich, als ein tôre tuot,
zer winstern hant rehte in die gluot,
und mêrte ie dem tievel sînen schal.
des muoz ich ringen   mit geringen:
nû ringe und senfte ouch Jêsus mînen val.

Heiliger Krist,   sît dû gewaltic bist
der werlt gemeine,   die nâch dir gebildet sint,
gip mir die list   daz ich in kurzer vrist
alsam gemeine   dich sam dîne erwelten kint.
ich was mit sehenden ougen blint
und aller guoten sinne ein rint,
swiech mîne missetât der werlte hal.
mache ê mich reine,   ê mîn unreine
versenke mich in daz verlorne tal.