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Walter Hasenclever

Der politische Dichter

Aus den Zisternen unterirdischer Gruben
Aufstößt sein Mund in Städte weißen Dampf,
Im rasend ausgespritzten Blut der Tuben
Langheulend Arbeit, Pause, Nacht und Kampf.

Mit Zwergen, die auf Buckeln riesig tragen
Der Lasten harte, eingefleischte Schwären,
Mit Sklaven, denen unter Peitschenschlagen
Die Beule reißt am Ruder der Galeeren.

Sein Arm bricht durch gewaltige Kanonaden
Von Völkerschwarm zum Mord gehetzter Heere,
Durch Kot und Stroh und faulend gelbe Maden
Im Kerker aller Revolutionäre.

Oft hängt sein Ohr an kleinen Dächerfirnen,
Wenn aus der Stadt die großen Glocken schlagen,
Mit vielen schweren und gebeugten Stirnen
Gefangenschaft der Armut zu ertragen.

Wenn nächtlich in den Kinos Unglück schauert.
Der Hunger bettelt hinter Marmorhallen,
Misshandelt stirbt ein Kind und zugemauert
In Kasematten grobe Flüche fallen.

Wenn Defraudanten sich von Brücken werfen.
Im Lichtschein der Paläste aufgewiegelt,
Wenn Anarchisten ihre Messer schärfen.
Mit einem dunkeln Schwur zur Tat besiegelt.

Wenn Unrecht lodernd als der Wahrheit Feuer
Tyrannenhäupter giftig übersprießt.
Bis aus dem Wurm der Erde ungeheuer
Der Blitz des Aufruhrs, der Empörung schießt.

Ah dann: auf höchsten Türmen aller Städte
Hängt ausgespannt sein Herz in Morgenröte;
Asphaltene Dämmerung in des Schläfers Bette
Verscheucht Trompetenton: Steh auf und töte!

Steh auf und töte; Sturmattacken wüten.
Die Ketten rasen von Gewölben nieder.
An Ufern schweigend Parlamente brüten.
Die Kuppel birst. Schon lärmen Freiheitslieder.

Gezückte Rhapsodie berittener Schergen
Jagt quer durch Löcher, leer von Pflastersteinen.
Tumult steigt. Hindernis wächst auf zu Bergen.
Zerstampfte Frauen hinter Läden weinen.

Doch von den Kirchen donnern die Posaunen,
Schmettern Häuser dröhnend auf das Pflaster.
Die Telegraphen durch Provinzen raunen,
Es zuckt in Dynamit der Morsetaster.

Die letzten Züge stocken in den Hallen.
Geschütze rasseln vorwärts und krepieren.
Zerfetzte Massen sich im Blute ballen.
Die Straße klafft auf umgestürzten Tieren.

Aus Fenstern siedet öl in die Alleen,
Wo Platzmajore aufgespießt verschimmeln.
Der Abend brennt, auf den Fabriken wehen
Die roten Fahnen von den grauen Himmeln. -

Halt ein im Kampf! Auch drüben schlagen Herzen.
Soldaten, Bürger: kennen wir uns wieder ?
Brüderliches Wort in Rauch und Schmerzen.
Es sammelt sich der Zug. Formiert die Glieder.

Versöhnte Scharen nach dem Schlosse biegen,
Bis hoch auf dem Balkon der Herrscher steht:
"Nehmt vor den Toten, die hier unten liegen.
Den Hut ab und verneigt Euch, Majestät!" -

Lichtlose Asche. Nacht auf Barrikaden.
Gewalt wird ruchbar, alles ist erlaubt.
Die Diebslaterne schleicht im Vorstadtladen.
Plünderung hebt das Skorpionenhaupt.

Gewürm aus Kellern kriecht ins Bett der Reichen;
Auf weiße Mädchen fällt das nackte Vieh.
Sie schneiden Ringe ab vom Rumpf der Leichen.
Dumpf aus Kanälen heult die Anarchie.

Im Rohen weiter tanzt die wilde Masse
Mit Jakobinermützen, blutumbändert.
Gerechtigkeit, Gesetz der höchsten Rasse:
Vollende du die Welt, die sie verändert

Ihr Freiheitskämpfer, werdet Freiheitsrichter,
Bevor die Falschen euer Werk verraten.
Von Firmamenten steigt der neue Dichter
Herab zu irdischen und größern Taten.

In seinem Auge, das den Morgen wittert,
Verliert die Nacht das Chaos der Umhüllung.
Die Muse flieht. Von seinem Geist umzittert