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Pargoletta
Das Haus ist zwischen tiefen Hecken
auf einen wilden Stein gebaut,
die steilen Lilien verstecken
es Nacht und Tag vor jedem Laut -
Das Land, durch dessen stumme Pforten
der Fremde geht mit bangem Sinn,
bequemt sich tief geheimen Worten:
Ein Kind ist dort die Königin.
Sie geht durch Tau und grüne Wiesen
im Winde, der sie laut umstreicht,
von dunklem Stahle voll Türkisen
die alte Krone trägt sie leicht!
Sie scheint im Lauschen vorgebogen
zu Sprüchen, die im Boden ruhn,
der Mund, geheimnisvoll gezogen,
schweigt Liebliches, wie Blumen tun.
So schön hat sie der Bann bezwungen,
der sich um ihre Hände flicht:
Ein Lied ist über ihr gesungen,
sie sucht sich, und sie kennt sich nicht.
In einem tiefen Schlafe geht sie
durch einen zugewachsenen Hag,
wie die vergessene Kerze weht sie
loh ohne Licht an mitten Tag.
Du brauchst die Spur nicht erst zu finden
darauf sie so versunken glitt:
Vorauf gesandte Tauben binden
schon deinen Schritt an ihren Schritt,
Ziehn dich hinein in die Legende,
dich und den vorgeschriebenen Stein, -
es schließen deine beiden Hände
die Geisterglut des Lebens ein -
o nicht umsonst die rechten Worte
vertraute dir der Mund im Traum,
der Zeigefinger vor dem Horte -
sie wird sich, und sie weiß es kaum,
in einem tiefen Blick erkennen,
wenn der Rubin den Bann zerreißt,
und deinen Namen wird sie nennen,
wenn du das eine Wort noch weißt.
Dann springen die verbotenen Türen:
Die Wiederkunft wird offenbar,
aus Grüften wird der Engel führen
den Stier, den Löwen und den Aar,
ein Winterstern auf Erden walten, -
aus Duft und Stille aufgenährt,
mit deiner Glut und ihrer schalten
die Flamme, hausend auf dem Herd.