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Paul Zech

Fabrikstädte an der Wupper

Die erste Stadt

Hier lungern Paläste aus Glas und Granit
zwergzierlich wie Weihnachtskrippen.
Der Himmel fällt grau herab von Schieferklippen.
Immer gähnt schläfriger Tag und ein Regenlied.

Was in den Straßen wie Pulsschlag zuckt,
ist kreisender Schwung von Flechtmaschinen;
beutegierig lauert der Baal hinter ihnen.
Alle Wälder hat der gefräßige Rachen verschluckt.

Aus dem schlängelnden Tintenfluss
giftet das Ausgespiene wie Typhusdünste
und überflockt die Fabriken wie Ruß.

Die hier gezwungen den Tag vertun,
röhren den Blutschrei entflammter Brünste
und träumen von Lesbos und Averlun.

Die andere Stadt

Schwarze Stadt an schwarzem Gewässer steilaufgebaut -
Grünbeliderte Fenster funkeln,
aus dem gespenstischen Schieferdachdunkeln
schnelln Schornsteine von Dampf und Dunst umbraut.

Hellwild rattert und knattert die Pendelbahn
über Brücken und hagre Alleen.
Fabrik dort unten, wo Spindeln sich kreischend drehen,
ist grau wie ein müder vermorschter Kahn.

Schweiß kittet die Fugen fest,
Schweiß aus vielerlei Blutsaft gegoren
Frommsein enteitert dem greisen Gebrest.

Mancher hat hier sein Herz verludert, verloren;
Kinder gezeugt mit schwachen Fraun...
Doch die Kirchen und Krämer stehn hart wie aus Erz gehaun.