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Mathilde Wesendonck

Ich steh' allein

Ich steh' allein und schaue
Hinab ins weite Tal,
Mein Auge starrt ins Blaue
Und weiß es nicht einmal.

Die trüben Wolken scheinen
So missgestimmt und schwer,
Als wollten sie noch weinen
Wohl eh' es Abend wär'.

Wie deucht mich zu beneiden
Der Wolken flüchtig Los,
Zu senken ihre Leiden
All' in der Erde Schoß;

Zu bergen ihre Klagen
All' an der Mutter Brust,
Und - können sie's nicht tragen,
Zu sinken unbewusst.

Sie leihet ihrem Sehnen
Ein Grab in höchster Not,
Es sprießen aus den Tränen
Die Rosen weiß und rot.

Ich aber gehe traurig
Zurück ins stille Haus,
Die Luft ist gar so schaurig,
So schwül und dunkel draus.