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Hermann Kurz

Im Weinberg

Die du grünst um meine Klause,
Junge hoffnungsvolle Rebe!
Da ich in der Jungend brause,
Selbst noch in der Hoffnung lebe:

Ist es stets mein fester Glaube,
Dass wir beiden liebevollen,
Ich und deine zarte Traube,
Blutsverwandte werden sollen.

Darum lass' uns an der Flamme
Dieses Sommers wachsen, glühen,
Wie Milchbrüder aus der Amme
Ein verbundnes Leben ziehen.

Mit durchglühten Lebenssäften
Reifen wir zum Herbst allmählig,
Im Gefühl von hohen Kräften
Schmerzensvoll und tränenselig.

Endlich welken Schmerz und Wonne,
Fällt das grüne Laub der Reben,
Flieht die heiße Sommersonne
Und der Jugend frisches Leben.

Junger Wein! zu deiner Würde
Wirst getreten und geschlagen,
Und auch ich muss meine Bürde,
Erd' und Himmel muss ich tragen. -

Wann im gärenden Bewegen
Sich geläutert jede Welle,
Fließen wir dem Ziel entgegen,
Ruhig, rein und spiegelhelle.

Nachts, wann leise niederflammen
Nur des Himmels ferne Lichter,
Blühn und duften wir zusammen,
Und du segnest deinen Dichter.