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Nächte
Deine Hände keimen in Finsternissen,
Und ich seh nicht, wie sie blühn,
Atmend aus dem Schnee der Kissen.
Meeresgrün,
Wogengrau verglitzern deine Augen;
Meine Wange leckt ihr Schaum.
Nelkenrote Quallen saugen...
Süßes Harz von weißem Birkenbaum
Tropft die Stille goldbraun nieder...
O breiter Flügel, zuckender Schulter entstiegen!
O bleicher Schwanenflügel, der mich beschattet!
O Nacken, flaumige Brust, o Leib, den ein Wiegen
Verschilfter Bucht umschläfert, zärtlich ermattet!
Libellensirrendes Wispern...
Komm.
Du hast meinem Munde die reife Granatfrucht geschenkt,
Des Apfels starken Saft, erzeugende Kerne,
Hast in die Himmelsgründe kristallen wachsender Sterne
Wurzeln des Rebstocks versenkt.
Blau schwellen Trauben: koste.
Siehe, ich bin ein Garten, den du gen Abend erreicht,
Fiebrige Arme an schlanker silberner Pforte zu kühlen,
Im verstummten Geäst Aprikose zu fühlen,
Bin unterm südlichen Hauch, der die Ruhende streicht,
Eine schmale, blasse Wiese.
Erschauerndes Gräsergefilde, lieg ich bereit und bloß;
Mitternachtsglut schloß mir Lippen bebender Winde zu,
Doch die verborgenste Blüte öffnet den purpurnen Schoß:
Du.
Du... komm...
Spüre, ich bin die Frau; meine klugen Finger erfüllen
Milchiges Porzellan mit Gewürzen der Lust,
Gießen zaubrisches Naß. Du spreitest aus Hüllen
Schlagenden Fittich, taumelst an meine Brust,
Sinkst, ein großes, lastendes Glück, in Tiefen.
Sanfter nun trägt dich die Flut, streichelt lässig die Flanken
Wuchtendem Schiffe, das drüben im Hafen war
Mit ragenden Schornsteintürmen, Masten hoher Gedanken;
Fühlst du die Möwe wehn dir durch rauchig wirbelndes Haar?
"Manhattan"... "New York"... "City of Baltimore"... bleibe!
Aus Morgen ballt sich mählich graue Nebelhelle,
Nieselt dich schleichend fort
Meinem Schimmerspiegel, meiner armen Welle -
Letzter Blick, o letztes Wort!
O, ich ahne euch, da ferne Scharen
Wilder Enten klagend schrein...
Meine Muschelkrone stürzt aus dunklen Haaren -
Schlummre du... ach, schlummre ein.
Und laß mich weinen...