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Francisca Stoecklin

Angst

O wie ist diese Nacht so schwer,
Und wie hangen die Wolken so tief.
Warum stöhnen die sanften Tiere,
Bluten laubdunkle Bäume,
Seufzt in jedem Winkel der Tod?
Wo sind die blassen Engel geblieben
Und die zittergoldenen Sterne?
Ist Gott gestorben?
O, diese Nacht ist tausend Jahre schwer.

Auf der Brücke geht noch mit hastigen Schritten ein Mann.
Er wird zu spät kommen -

In der Mansarde salbt der junge Priester
Den Mund der Sterbenden.
Eine schwarze Blume wächst furchtbar in ihre Fieber,
Aber selig umglänzt der Mond ihre Wangen.

In meinem Zimmer knistert die Kerze.
Schmächtige Schatten steigen aus den Wänden:
Leben, die ich gelebt habe und vergaß.
Ein Gesicht weint lange in meinen Händen.