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Ode vom seligen Morgen
Süßeste aller Ausschweifungen: schon morgens im Café zu sitzen, wintermorgens.
Die Cigarette: blonder Honig, Opium wölbt mich ein. (Heimlich-gothische Kapelle, Sicherheit.)
Es riecht nach Wärme.
Aus den Revuen knistern blaue Lust-Zungen. Links in mir sammelt sich eine entzückende Angst. Liebe Gifte heizen, hetzen.
O ihr guten Droguen: ich bete euch sehr an. Lesen; blättern; man entknöspelt Zeitschriften wie Mädchen: fiebernd-sachlich, weihevoll-zynisch.
Die Eine, die mit mir, mit dir ich alles waren! Mir Vergangnes, unter Hochdruck, explodiert. Das habe ich publiziert: diese lackierten Teufeleien, geschminkten Qualen, ihr kleinen lila Neurosen.
Aber ein bisschen verachte ich euch, ihr meine reizenden Gespenster.
Ich bin eine solide Bestie. Schwer zu töten.
Nur Kaffee und Cigaretten muss man uns natürlich garantieren. Dazu einige erdige Parfums. Schon vormittags im Café (wie einst -).
So inniglich verbummelt.
Und der Tag ist kompromittiert, der Tag ist süß. Ermutigt (ach!) singe ich dieser zuckenden Minuten Melodie; sing ich euch, ihr gebenedeiten Cafés; sing ich die tiefgeliebte décadence.
Die lieben wir, die streicheln wir mit gewürzten Caressen.
(Ihr sprecht sie mit falschem Nasal-Laut aus.) Wir pfeifen auf was ihr stolz seid, euren Auszeichnungen weicht ein Achselzucken aus, und was ihr höhnt ist unser maßloser Stolz.
Weltenwild ist unser großes Glück und sehr privat. Wir sind völlig verdorben und endlos selig; wir sind feine Tiere; die Mädchen nahe uns werden böse und herrlich, werden sensitiv, instruiert und instruktiv.
Diese Souveränität ist unangreifbar.
Alles können wir entbehren, natürlich außer dem Kaffee (bezaubernder Oliven-Tinte, die Innenränder beschreibend) und dem Café.
Sehr spöttische Herren sind wir weh schwankender Provinzen -
Selig in uns -
O: die geschmeckte Allmacht dieser Stunde!