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Elisabeth Fuhrmann-Paulsen

Gedichte an eine Frau

I. Seufzer

Gebt mir zu trinken! -
Amphoren und Krüge fand ich leer:
    Herrlich gemaltes Gefäß.
Schöpft denn kein Mädchen am Brunnen mehr?
Kein Samariterweib, zärtlich und scheu,
    neigte den Krug mir zu.
    Mich dürstet sehr! -

 
II. Fremdling

Sie haben dich angehalten.
Dein Kleid ohne Falten
    fiel ihnen auf.

Sie fragten dich: Woher? Wohin?
Du sprachst: Seht! Hört! ich bin,
die ich euch scheine.

Meine Gedanken sind rein
    wie meine Hände.
Ich trüge mich schlecht zur Schau
    in hehlenden Faltenwürfen;
    ich bin eine selige Frau.

Die Rede hat allen
    sehr mißfallen.

Sie sahen sich an und dachten dabei
    mancherlei,
ihre schlechten Gedanken.

Sie glauben dir nicht;
zu einfach und schlicht
    ist dein Gebaren.

 
III. Die Hand

Der Sonnenstrahl
hängt sich an deine Hand.
Ich seh es:
deine Haut
ist braun gebrannt.

Und lächelnd läßt du ihn
von Herzen gern gewähren;
und reif und voll
wie Juliähren
liegt deine Hand
im Schoß.

Drum steigt aus deinem Schoß
ein Weiherauch,
ein feiner Hauch
von Sandelholz.
Wie ein Juwelenschrein
schließt dein brokatenes Gewand
die braunen Finger ein.

 
IV. Frage

Bist du auch so lange, lange
traumhaft deinen Weg gegangen?
Wagtest nicht, den süßen bangen
Sehnsuchtsbann zu brechen.

Wagtest nicht, die dunkeln Augen
mit dem goldnen Licht zu füllen?
Falsche Scham hieß dich verhüllen
alle schöne Blöße.

Mußte dich die Not erst wecken
und an Lebensbrüste legen?
0, nun quillt der reiche Segen
deiner vollen Seele.

 
V. Sonnenblume

Und eine Sonnenblume
sprach mir heut von Dir.
Ich brach sie mir
und sprach mir ihr
und trug sie dankbar heim.
Nun füllt ihr heller Schein
mein kleines Zimmer.

An meiner Sonnenblume
sieht still mein Herz sich satt.
Du strahlst aus jedem Blatt.
Den goldbraundunklen Früchteschoß
kränzt mildes Feuer.
Kein Spiegel zeigt
dein Bild getreuer.

 
VI. Gebet

Gott füllte mich mit Dir
bis an den weiten Rand,
weil er mein armes Herz
ganz leer und dunkel fand.

Er füllte deinen Glanz
tief in mein Herz hinein.
Laß mich, o laß mich, Gott,
ein reiner Becher sein!

 
VII. Wolken

Die seligen Jungfraun
wandeln zum Reigen.
Sie steigen
gleich Wolken
hinab auf den Schnee
und baden die Füße
im Alpensee.

Die seligen Jungfraun
umschweben, umwallen
die leuchtenden Firne.
Die Seligste aber,
die Schönste von Allen,
trägt ob der Stirne
ein Abendrotkrönlein
aus Eiskrystallen.

Die seligen Jungfraun
umwallen, umschweben
die Schönste von Allen,
und wollen nichts
als ihr Wohlgefallen.
Sie lassen im Rhythmus beruhigter Wogen
die Schleier fallen, Silbernebel,
und wandeln heim
durch den Regenbogen.

 
VIII. Karyatiden

Prüft nicht, Atlanten, verächtlichen Blickes
    unsre zarten Schultern und Hände.
Das kleine Werk, wir bringend am Ende
den Göttern zum Opfer, wie Ihr das große.

Tragt ihr stolz auf Simsonslocken
    steinern Gewölbe wie eine Krone,
seht, empor zum Götterthrone
heben Wir den krönenden First.