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Elisabeth Langgässer

Hollunderzeit

Der dem Hollunder die Sterne zu Tellern
schmiedete und sie mit Süßem gefüllt:
Juni! in elbischer Haut, von dem hellern
Mantel der Nächte ekstatisch umhüllt -

Hör deinen Liebling, den bläulichen, dichten
Ammenbusch, rieselnd von Rätsel und Reim
und bis ins milchige Mark voll Geschichten:
"Töchterchen! Söhnchen! Zu träumen, kommt heim!"

Demeter wartet. Es warten die Mütter
mächtiger Riesen. Die Nornen, die drei,
formen zur Kugel den Blitz im Gewitter,
schneiden den Faden nicht. Eiapopei!

Geisterzug wiegt sich auf schwankenden Ästen,
Tau füllt den Tränenkrug herztotem Kind,
aber die Tropfen, schon zitternd am festen
Rande - er läuft nicht. Denn Götter: sie sind.

Schwebe des Jahres. Hollunder und Rose
halten einander voll Freude verschränkt.
Leise lacht Holla. Heute wurde die große
Hoffnung all ihren Geburten geschenkt.

Einfaches Liedchen. Die Sternbilder ziehen,
Rosenblatt, Hollerbaum duften verwandt.
Schlafe du, träume du! Beide Marien
binden und lösen dir Windel und Band.