hor.de   |   Gedichtsammlung   |   Wörterlisten   |   Notizen
 

Anonym

Dunkel wars, der Mond schien helle

(sp. 19. Jh.)

Dunkel wars, der Mond schien helle,
schneebedeckt die grüne Flur,
als ein Wagen blitzeschnelle
langsam um die Ecke fuhr.

Drinnen saßen stehend Leute,
schweigend ins Gespräch vertieft,
als ein totgeschoss'ner Hase
auf der Sandbank Schlittschuh lief.

Und ein blondgelockter Jüngling
mit kohlrabenschwarzem Haar
saß auf einer blauen Kiste,
die rot angestrichen war.

Neben ihm 'ne alte Schachtel,
die kaum zählte sechzehn Jahr.
Und sie aß ein Butterbrot,
das mit Schmalz bestrichen war.

Droben auf dem Apfelbaume,
der sehr süße Birnen trug,
hing des Frühlings letzte Pflaume
und an Nüssen noch genug.

Und der Wagen fuhr im Trabe
rückwärts einen Berg hinauf.
Droben zog ein alter Rabe
grade eine Turmuhr auf.

Ringsumher herrscht tiefes Schweigen
und mit fürchterlichem Krach
spielen in des Grases Zweigen
zwei Kamele lautlos Schach.

Von der regennassen Straße
wirbelte der Staub empor.
und ein Junge bei der Hitze
mächtig an den Ohren fror.

Beide Hände in den Taschen
hielt er sich die Augen zu.
denn er konnte nicht ertragen,
wie nach Veilchen roch die Kuh.

Und zwei Fische liefen munter
durch das blaue Kornfeld hin.
Endlich ging die Sonne unter
und der graue Tag erschien.

Und das alles dichtet Goethe
als er in der Morgenröte
liegend auf dem Nachttopf saß
und dabei die Zeitung las.

 

Viele verschiedene Versionen,
nicht von Klabund, nicht von Morgenstern...

s. hier: faql.de/dunkel-wars.html