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Paul Gerhardt

Gib dich zufrieden

Gib dich zufrieden und sei stille
In dem Gotte deines Lebens;
In ihm ruht aller Freuden Fülle,
Ohn ihn mühst du dich vergebens.
      Er ist dein Quell
      Und deine Sonne,
      Scheint täglich hell
      Zu deiner Wonne.
      Gib dich zufrieden!

Er ist voll Lichtes, Trosts und Gnaden,
Ungefärbten treuen Herzens;
Wo er steht, tut dir keinen Schaden
Auch die Pein des größten Schmerzens;
      Kreuz, Angst und Not
      Kann er bald wenden,
      Ja auch den Tod
      Hat er in Händen.
      Gib dich zufrieden!

Wie dirs und andern oft ergehe,
Ist ihm wahrlich nicht verborgen,
Er sieht und kennet aus der Höhe
Der betrübten Herzen Sorgen.
      Er zählt den Lauf
      Der heißen Tränen
      Und faßt zuhauf
      All unser Sehnen.
      Gib dich zufrieden!

Wenn gar kein einzger mehr auf Erden,
Dessen Treue darfst du trauen,
Alsdann will er dein Treuster werden
Und zu deinem Besten schauen.
      Er weiß dein Leid
      Und heimlich Grämen,
      Auch weiß er Zeit,
      Dich zu benehmen.
      Gib dich zufrieden!

Er hört die Seufzer deiner Seelen
Und des Herzens stilles Klagen,
Und was du keinem darfst erzählen,
Magst du Gott gar kühnlich sagen,
      Er ist nicht fern,
      Steht in der Mitten,
      Hört bald und gern
      Der Armen Bitten.
      Gib dich zufrieden!

Laß dich dein Elend nicht bezwingen,
Halt an Gott, so wirst du siegen;
Ob alle Fluten einher gingen,
Dennoch mußt du oben liegen.
      Denn wenn du wirst
      Zu hoch beschweret,
      Hat Gott, dein Fürst,
      Dich schon erhöret.
      Gib dich zufrieden!

Was sorgst du für dein armes Leben,
Wie dus halten wollst und nähren?
Der dir das Leben hat gegeben,
Wird auch Unterhalt bescheren.
      Er hat ein Hand
      Voll aller Gaben,
      Da See und Land
      Sich muß von laben.
      Gib dich zufrieden!

Der allen Vöglein in den Wäldern
Ihr bescheidnes Körnlein weiset,
Der Schaf und Rinder in den Feldern
Alle Tage tränkt und speiset,
      Der wird ja auch
      Dich eingen füllen
      Und deinen Bauch
      Zur Notdurft stillen.
      Gib dich zufrieden!

Sprich nicht: Ich sehe keine Mittel;
Wo ich such, ist nichts zum Besten;
Denn das ist Gottes Ehrentitel:
Helfen, wann die Not am größten.
      Wenn ich und du
      Ihn nicht mehr spüren,
      Da schickt er zu,
      Uns wohl zu führen.
      Gib dich zufrieden!

Bleibt gleich die Hilf in etwas lange,
Wird sie dennoch endlich kommen,
Macht dir das Harren angst und bange,
Glaube mir, es ist dein Frommen.
      Was langsam schleicht,
      Faßt man gewisser,
      Und was verzeucht,
      Ist desto süßer.
      Gib dich zufrieden!

Nimm nicht zu Herzen, was die Rotten
Deiner Feinde von dir dichten,
Laß sie nur immer weidlich spotten,
Gott wirds hören und recht richten.
      Ist Gott dein Freund
      Und deiner Sachen,
      Was kann dein Feind,
      Der Mensch, groß machen!
      Gib dich zufrieden!

Hat er doch selbst auch wohl das Seine,
Wenn ers sehen könnt und wollte.
Wo ist ein Glück so klar und reine,
Dem nicht etwas fehlen sollte?
      Wo ist ein Haus,
      Das könnte sagen:
      Ich weiß durchaus
      Von keinen Plagen?
      Gib dich zufrieden!

Es kann und mag nicht anders werden,
Alle Menschen müssen leiden;
Was webt und lebet auf der Erden,
Kann das Unglück nicht vermeiden.
      Des Kreuzes Stab
      Schlägt unsre Lenden
      Bis in das Grab:
      Da wird sichs enden.
      Gib dich zufrieden!

Es ist ein Ruhetag vorhanden,
Da uns unser Gott wird lösen,
Er wird uns reißen aus den Banden
Dieses Leibs und allem Bösen.
      Es wird einmal
      Der Tod herspringen
      Und aus der Qual
      Uns sämtlich bringen.
      Gib dich zufrieden!

Er wird uns bringen zu den Scharen
Der Erwählten und Getreuen,
Die hier mit Frieden abgefahren,
Sich auch nun im Frieden freuen,
      Da sie den Grund,
      Der nicht kann brechen,
      Den ewgen Mund
      Selbst hören sprechen:
      Gib dich zufrieden!