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Catharina Regina von Greiffenberg

Über die Nachtigal

1.

Hört der holden Nachtigall
      süssen Schall
durch den Busch erschallen:
sie will / durch ein Kling-Gedicht
      ihre Pflicht
ihrem Schöpffer zahlen.

2.

In dem weiß-geschmälzten Zelt
      aller Welt
seinen Ruhm sie singet:
dahin zielt ihr Müh' und Fleiß
      daß sein Preiß
hell von ihr erklinget.

3.

Dir / dir / dir / O höchster Hort
      ohne Wort
pfleg' ich Dank zu geben:
ohne End ist mein Begehr
      deine Ehr'
äusserst zu erheben.

4.

Jede Feder fordert Lob
      ist ein Prob
deiner milden Güte.
Gib / so offt ich sie aufschwing
      daß erkling
Dank aus dem Gemüte.

5.

Jedes Würmlein / das ich iss
      ist gewiß
deiner Schickung Gabe.
Nimm / Erhalter / vor die Speiß
      diesen Preiß
und mich ferner labe!

6.

Dir sey Lob vor diesen Ast
      wo ich rast:
doch nit / dich zu loben.
Nein! dein Ruhm wird für und für
      dort und hier
hoch von mir erhoben.

7.

Du hast / schöne Singerin
      meinen Sinn
auch in was ermundert.
Nur von Gottes Gnad sing ich
      weil ich mich
ganz in sie verwundert.